Warum bist du 300 km nach Würzburg gefahren, um dort die Uraufführung zu spielen?
Für mich war es elementar wichtig, die Uraufführung in Würzburg zu spielen. Weil alles, was ich heute kann, ich dort gelernt habe.
Dort bin ich groß geworden und alles was ich kann, habe ich an der Musikhochschule bei meinem Mentor Prof. Siegfried Fink gelernt.
Da ist auch die Liebe zur Marimba entstanden.
Wir haben Prof. Fink immer wieder besucht, wenn wir in Würzburg waren. Und da sagte er einmal zu mir: "Elisabeth, spiel' doch mal mit Orchester."
Und da war es mein Traum und mein Ziel, als RITMO VITO für Orchester fertig war, es in Würzburg zur Uraufführung zu bringen.
Dann habe ich mit Enrico Calesso Kontakt aufgenommen. Ihn haben vor allem die Rhythmen in meiner Komposition fasziniert.
Und so hat es sich ergeben, dort die Uraufführung zu spielen und es war mir nicht zu weit, dafür 300 km hinzufahren, auf keinen Fall.
Wie haben bei den Proben der Dirigent und die Orchestermusiker auf dich als Marimbasolistin gewirkt?
Bei den Proben war eigentlich das Interessante, dass bei der allerersten Hauptprobe am Freitag davor in dem Orchesterraum alle relativ lässig waren.
Da musizierte ich erst nur mit den Schlagzeugern und dem Pianisten.
Ich hatte einen tollen Pauker. Wir hatten auch darüber geredet, was ich für eine Paukenstimme geschrieben habe.
Da meinte er: die findet er total super, er muss gar nicht zählen, er kann einfach durchspielen.
Und dann kamen die Streicher locker herein, haben geratscht und sich ganz gemütlich hingesetzt. Die kennen sich ja untereinander,
aber die kennen ja mich nicht. Und das war für mich der große Moment: wie sind die Musiker drauf, wie gehen die Musiker mit der Komposition mit mir um.
Am Anfang war wirklich so eine gewisse Distanz: hach, was ist das für eine Frau da und so ja, wie wird das jetzt werden.
Es wurde dann aber zu einem Miteinander, das sich so schrittweise entwickelte. Ich habe da etwas für Streicher komponiert und das ging super gut.
Es war ein Team, das Miteinander hat sich aufgebaut.
Und das hat sich während wir miteinander geprobt haben, zu einer Harmonie entwickelt was ich gar nicht erwartet hatte. Das hat mich voll überrascht.
Also dieser Dirigent war ein Phänomen. Da war jetzt nicht irgend so ein Diktator der meint: ich bin der tollste - nein!
Enrico ging es um das Gesamte, dass alle miteinander gut sich fühlen. Und es war so ein herzliches Miteinander.
Es war total toll zu erleben, wie er mit seinen Musikern scherzte.
Enrico hat immer versucht, jeden an die Hand zu nehmen. Er hat mir das Gefühl gegeben: es ist alles gut, und du bist in wunderbaren Händen.
Dann am Tag danach am Samstag hatten wir die Generalprobe. Und die war auf der Bühne. Die gab mir schon einen Vorgeschmack auf das Konzert.
Ich spürte über die Proben eine freundliche Achtung, die mir entgegen schwang.
Genau diese beiden Proben haben mir gezeigt: ich habe tolle Musiker um mich herum und einen fantastischen Dirigenten.
Und das hat bei der Uraufführung dazu geführt, dass ich mich wohl fühlte.
Gab es für dich etwas Besonderes an der Uraufführung von RITMO VITO?
Da war für mich wirklich die Überraschung, mit welcher Freude die Musiker anfingen zu musizieren. Hinter mir waren die Celli, Kontrabässe und rechts davon die Bratschen.
Da spürte ich plötzlich bei dem Bamba Varia: Mensch, das groovt ja richtig. Die Schlagzeuger habe ich auch noch so ein bißchen gehört, da ging richtig was ab.
Da bekam ich selbst Gänsehaut.
Das ging sogar soweit, als wir vorher schon auf der Bühne waren als die Zuschauer noch draußen waren, dass die eine Bratscherin zu mir sagte:
ach haben sie ein schönes Kleid an, das wird den Kindern gefallen, die lieben so etwas. Und dieses Kompliment von einer Orchestermusikerin hat mir unheimlich gut getan.
Und der Stimmführer der Bratschen, ein Asiat, der gab mir einfach so die Hand. Und das hat mir gerade als Komponistin sehr sehr gut getan.
Ich fühlte in meinem tiefsten Inneren: wenn Menschen sich mit meiner Musik glücklich fühlen, dann hat sich die ganze Arbeit gelohnt, die ich bisher rein gesteckt habe.
Und das war auch das große Glück, das ich dabei empfand.
Welchen Eindruck machten die Orchestermusiker während der Uraufführung auf dich?
Ich hatte hauptsächlich um mich herum die Streicher. Da spürte ich bei der ersten Nummer "Cantar de la luna",
dass sie sehr konzentriert waren und noch so eine Spannung drin war.
Nach diesem Stück hörte ich im Zuschauerraum eine Stimme die sagte: "Das ist ja gut."
Ich denke, das haben auch die Musiker gehört. Und beim nächsten Stück "Bamba Varia" waren sie voll entspannt.
Es entstand ein total homogener Klang und ich spürte, dass sie alle Freude daran hatten.
Ich war jetzt nicht die große Solistin, sondern wir haben das miteinander gestaltet. Und ich habe mich dabei total wohl gefühlt als Solistin.
Das ist etwas was ich nicht erwartet hatte. Dass wir so eine riesengroße Gruppe werden, die miteinander im Groove spielt.
Bei der vierten Nummer "Coconut Cracker" hatten wir einen Wahnsinns-Beifall. Die Zuhörer hatten so lange geklatscht,
dass der Dirigent das Orchester bat aufzustehen und sich zu verbeugen.
Nach dem sechsten Stück "Rumba Clati" tobten die Zuhörer richtig.
Da war während der Probe entwickelt worden, dass die Geiger und Bratscher sich von den Schlagzeugern Schlägel leihen und damit auf die Notständer klopfen.
Dann hatte Enrico noch die fantastische Idee, dass sie bei der Ziffer Sechs aufstehen sollen.
Und da haben die gelacht und getanzt - ein phänomenales Erlebnis für mich.
Gibt es etwas, was du nie vergessen wirst von dieser Uraufführung?
Da gab es wirklich einen Moment als ich "Rumba Clati" spielte, dass mir plötzlich von einem Schlägel der Kopf weg fliegt. Ohhh!
Was ich eigentlich gar nicht dachte, ich spiel nicht weiter, das macht ein Profi wie ich nicht.
Ich dachte nur: hoffentlich finde ich danach den Kopf vom Schlägel wieder, weil ohne den Kopf ist der Schlägel hinüber.
Ich habe ja immer vier Schlägel der gleichen Art und dann wäre der ganze Satz unvollständig geworden.
Und das erste was ich danach machte, ich schaute hinter mich und was war: da lag der Schlägelkopf.
Den habe ich sofort aufgehoben. Das wird mir immer mit diesem Konzert in Erinnerung bleiben.
Gab es noch etwas unerwartet Überraschendes bei dieser Uraufführung?
Was ich ganz entzückend fand war, dass immer, wenn ein ruhigeres Stück anfing, so ein Baby gequitscht hatte.
Das war so ein fröhliches zufriedenes Quitschen, nicht ein Schreien sondern so liebenswert, wie wenn es etwas Positives sagen wollte.
Es gab jedoch eine kleine negative Überraschung für mich. Beim letzten Stück "Mambo Romba" haben einige Zuhörer angefangen, im geraden Vierviertel-Takt zu klatschen.
Das Problem war, es wurden durch das laute Klatschen die tollen Rhythmen verdeckt, die wir auf der Bühne alle spielten.
Und da habe ich mir erlaubt "nein, nein, nein" zu rufen. Es zeigt aber eigentlich, ja dass sie mitwirken wollten.
Und eigentlich will ich das mit meiner Musik machen: Menschen einfach glücklich machen.
Kannst du mir beschreiben, was dir in Erinnerung bleiben wird über diese Uraufführung.
Wenn alle das gleiche Ziel haben, dann wird es gut. Das war eigentlich das absolut Tolle an diesem Konzert: alle hatten das gleiche Ziel, ihr Bestes zu geben.
Für mich war ein weiteres total positives Erlebnis, wie gut mein RITMO VITO ankam beim Publikum - meine eigene Musik. Und wie die Zuhörer mitgemacht haben.
Dann bleibt mir in Erinnerung: Diese Uraufführung ist nach meinem Hochzeitstag der zweitglücklichste Tag in meinem Leben.
Und dann noch dieser Beifall am Schluss. Der war so lang, das hätte ich nie gedacht. Der Dirigent und ich sind einmal abgegangen,
wieder raus auf die Bühne und zum zweiten Mal hinter die Bühne. Da fragte Enrico mich: "Wollen wir jetzt nochmal rausgehen?"
Aber die Zuhörer hörten nicht auf. Also sind wir zum dritten Mal rausgegangen und wieder abgegangen.
Dann sind wir zum vierten Mal raus gegangen und haben doch die Zugabe gespielt.
Ich habe so richtig gespürt: da sind alle glücklich.
Ja, das ist so ein Moment, der ist es wert, ihn nochmal zu erleben, wer weiß!
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